In Deutschland färben sich 77 Prozent der Frauen und 23 Prozent der Männer mindestens halbjährlich die Haare. Mit mindestens einmal alle acht Wochen sehr regelmäßig aufgefrischt wird die Farbe bei 46 Prozent der Frauen und 15 Prozent der Männer (Quelle: Statistika 2021).

Egal ob beim Friseur oder in Selbstregie zuhause, was passiert da eigentlich genau mit den Haaren? Wie die Haarfarbe an den Haaren haftet – und vor allem auch wie lange – kommt auf die Art der Färbung an. Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen einer temporärenTönung (Level 1), einer semi-permanenten Intensiv-Tönung (Level 2) und einer dauerhaften Permanent-Coloration (Level 3). Die chemischen und/oder physikalischen Wirkweisen im Färbeprozess unterscheiden sich hier grundlegend.

Tönung: Der auswaschbare Direktzieher

Bei Haartönungen legen sich wasserlösliche Farbstoffe von außen um die Schuppenschicht des Haares. Sie dringen nicht in die Haarstruktur ein und verändern sie nicht. Eine Tönung ist daher die haarschonendste Art, die Haare zu färben. Die Haarstruktur bleibt während des gesamten Tönungsprozesses intakt. Dadurch, dass die Farbstoffe in einer Tönung bereits „fertig“ in der Tube sind und nicht erst in einem chemischen Prozess aktiviert werden, spricht man hier übrigens auch von „Direktziehern“. Direktzieher bestehen also aus nur einer Komponente, die nicht angemischt werden muss. Daher sind Direktzieher auch einige Zeit nach Anbruch haltbar. Reste können aufbewahrt und wiederverwendet werden.

Die Farbhaftung beruht bei Direktziehern auf einem physikalischen Wirkprinzip, genauer gesagt auf dem Prinzip der elektrostatischen Anziehungskraft. Die Farbstoffe haben eine positive Ladung und verbinden sich mit den negativen Ladungen des Haarkeratins. Sie haften dort wie ein Magnet. Unter den Direktziehern gibt es auch Farbstoffe ohne eigene Ladung. Diese zeichnen sich dafür durch die geringe Größe ihrer Farbmoleküle aus. Die besonders kleinen Farbmoleküle dringen unter die Schuppenschicht bis in die äußere Faserschicht des Haars durch und lagern sich dort ab, ohne chemisch in die Haarstruktur einzugreifen.

Bei jeder Haarwäsche lösen sich schließlich mehr und mehr dieser Farbstoffe wieder ab, bis die Farbe schließlich – je nach Hersteller und Rezeptur nach zwei bis acht Haarwäschen wieder komplett aus dem Haar verschwunden ist.

Aufgrund dieser Wirkweise eignen sich Level 1 Tönungen besonders gut zur haarschonenden Farbauffrischung der Naturhaarfarbe oder von vorangegangenen Permanent-Colorationen. Auch zur Farbkorrektur eignen sich Tönungen, beispielsweise können sie Gelb- oder Orangestiche nach einer Blondierung bis zu einem gewissen Grad neutralisieren. Die Farbstoffe sind jedoch zu schwach, um graue Haare verlässlich abzudecken oder die Ausgangshaarfarbe um mehrere Nuancen zu verändern. Auch eine Aufhellung der Haare ist mit einer Tönung nicht möglich.

Permanent-Coloration: Die dauerhafte Typveränderung

Im Gegensatz zu einer Tönung bleibt eine Permanent-Coloration dauerhaft im Haar. Die Farbstoffe sind noch nicht „fertig“, sondern bestehen zum Großteil aus kleinen, farblosen Farbstoffvorstufen, die erst noch im Haar chemisch reagieren müssen. Daher hat die aufzutragende Farbcreme einer Coloration in den allermeisten Fällen eine ganz andere Farbe als das spätere Endergebnis. (Das klassischste Beispiel ist hier der Extremfall Blondierung: Diese kann auch blau sein.)

Zusätzlich zu den Farbvorstufen kommen Oxidationsmittel (wie bspw. Wasserstoffperoxid) und so genannte Alkalisierungsmittel (wie bspw. Ammoniak) zum Einsatz. Diese Mittel befinden sich in einer Entwickleremulsion, die direkt vor der Färbung mit der Farbcreme vermischt werden muss.

Das Alkalisierungsmittel raut die äußere Schuppenschicht der Haare an. Das Haar „quillt“ auf, indem es die Schuppen leicht abspreizt. So können die Farbstoffvorstufen tief in das Haar bis in die Faserschicht des Haares vordringen. Dort reagieren sie dann mit dem Sauerstoff des Wasserstoffperoxids: Die gewünschte Haarfarbe entsteht in großen Farbmolekülen, die aufgrund dieser Größe nicht mehr ausgespült werden können. Die spezielle Kurspülung, die am Ende des Coloationsprozesses die Haare pflegt, glättet und verschließt die Schuppenschicht wieder und die Farbmoleküle sind im Inneren der Haarstruktur verankert.

Zwar verblasst auch hier die Farbe mit der Zeit oft etwas, wer zu seiner Naturhaarfarbe zurück möchte, muss die Coloration jedoch herauswachsen lassen oder sie mithilfe spezieller Entfärber wiederum chemisch entfernen.

Durch den Eingriff in die Haarstruktur braucht das Haar eine gewissenhafte Pflege und jeweils einige Wochen Erholungspause zwischen zwei Colorationsvorgängen. Dafür können graue Haare mit dieser Färbemethode bis zu 100% verlässlich abgedeckt werden. Ebenso werden drastische Farbveränderungen um mehrere Nuancen dunkler oder 1-2 Nuancen heller möglich.

Intensiv-Tönung bzw. semi-permanente Coloration: Die Zwischenstufe

Eine Level 1 Tönung ist nach nur wenigen Haarwäschen wieder komplett ausgewaschen, eine Level 3 Permanentcoloration verbleibt dauerhaft im Haar. Die Level 2 Variante liegt – logisch – irgendwo dazwischen. Eine definitive Zuordnung, ob es sich bei der Zwischenstufe eher um eine Tönung oder um eine Coloration handelt, fällt schwer. Das äußert sich auch an der Bezeichnung: Denn manchmal ist hier von Intensivtönung, manchmal von semipermanenter Coloration die Rede. Gemeint ist das Gleiche: Eine Haarfarbe, die (je nach Hersteller-Rezeptur) etwa 6-8 Wochen bzw. bis zu 24 Haarwäschen hält.

Um diese längere Farbhaftung erreichen zu können, kommt eine Intensiv-Tönung, obwohl sie auch Direktzieher enthält, nicht mehr gänzlich ohne Alkalisierungsmittel aus. Zudem ist sie, wie eine Coloration, oxidativ. Der Unterschied zur Permanent-Coloration besteht jedoch in der Stärke und Konzentration von Peroxid und Alkali. Während in Permanentcolorationen bspw. meist Peroxid der Stärken 6% oder 9% enthalten ist, arbeiten Intensivtönungen eher mit 3% Peroxid. Dadurch dringen die Farbstoffe zwar in die Faserschicht des Haares vor und reagieren dort, das natürliche Melanin des Haares bleibt jedoch bestehen. Deshalb kann mit einer Intensivtönung keine Aufhellung der Haare erzielt werden.

Ein Teil der Farbstoffe wäscht sich wie bei einer Tönung wieder aus, ein Teil muss jedoch herauswachsen. Bei einer Intensiv-Tönung muss man also auch damit rechnen, dass sie nicht rückstandslos wieder ausgewaschen wird. Dafür sind die Farbstoffe im Gegenzug intensiv genug, auch erste graue Haare gut kaschieren zu können.

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